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  • Beschlüsse des Bundesgerichtshofes – Verschleuderungen von Immobilien

    2. März 2012
  • Das persönliche Eigentum wird durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland streng geschützt. Eine Zwangsversteigerung bedeutet daher immer einen schweren Eingriff in die Grundrechte des Immobilieneigentümers. Entsprechend zahlreich sind auch die Fälle von Immobilienzwangsversteigerungen, mit denen sich der Bundesgerichtshof befassen muss. Einen Sachverhalt über den dieses häufig zu entscheiden hat, betrifft die Verschleuderung einer Immobilie.

    Ende der 1970er Jahre führte man daher für Zwangsversteigerungen von Immobilien bestimmte Untergrenzen ein, die der Meistbietende mit seinem Gebot beim ersten Versteigerungstermin nicht unterschreiten darf, da ihm sonst der Zuschlag verweigert wird (Spiegel Bericht 51/1978). So muss das Höchstgebot mindestens 50 Prozent des amtlich festgelegten Verkehrswertes betragen. Darüber hinaus muss die Zustimmung der Gläubiger vor Erteilung des Zuschlags eingeholt werden, sollte das Höchstgebot unter 70 Prozent des Immobilienwertes liegen (Siehe ZVG § 85a). Diese beiden Untergrenzen gelten allerdings nur für den ersten, nicht für die folgenden Versteigerungstermine.  Selbst wenn zum zweiten Versteigerungstermin das Höchstgebot deutliche weniger als 50 Prozent des Verkehrswertes abdeckt, kann der Zuschlag erteilt werden. Dies macht ein Beschluss des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2004 deutlich (BGH IX a ZB 27/04). In diesem Fall hatte die Schuldnerin gegen den am dritten Versteigerungstermin erfolgten Zuschlagsbeschluss des zuständigen Amtsgerichtes geklagt, mit der Begründung, es handle sich bei einem festgesetzten Verkehrswert von 290.000 Euro und einer Zuschlagserteilung bei einem Höchstgebot von 35.000 Euro um eine Verletzung des Verschleuderungsgebotes.

    Zwar hat das Bundesgericht in ihrem Sinne entschieden, jedoch nicht aus diesem Grund: Denn zum einen habe aufgrund des Zustands des Gebäudes sowie des mangelnden Bieterinteresses und der entsprechend niedrigen Gebote an den beiden vorangegangenen Versteigerungsterminen nicht „mit einem besseren Gebot und Endergebnis […] gerechnet werden können“ (S. 4f). Zum anderen sieht es der Bundesgerichtshof mit Blick auf die Gläubiger Ansprüche als gerechtfertigt an, dass eine Verschleuderung der Immobilie als „Ausgang des Zwangsversteigerungsverfahrens möglicherweise hingenommen werden [muß]“ (S. 8).

    Nicht hingenommen werden muss ein solches Versteigerungsergebnis allerdings, „wenn eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen ergibt, daß die Zwangsversteigerung zu einem für den Schuldner unerträglichen Ergebnis führt. Dies ist auch der Fall, wenn durch die Erteilung des Zuschlags eine wesentlich günstigere Verwertung verhindert wird“ (S. 9). Auch relativ geringfügige Forderungen seitens der Gläubiger kann eine Zuschlagsverweigerung begründen.

    Außerdem stellt der Bundesgerichtshof klar, dass es in der Fürsorge des Versteigerungsgerichts liegt, bei einer vorliegenden Verschleuderung der Immobilie, einen späteren Verkündungstermin für die Erteilung des Zuschlags einzuberaumen, statt diesen im Anschluss der Gebote auszusprechen. Denn der Betroffene muss bei einem deutlichen Missverhältnis zwischen Immobilienwert und Meistgebot über das Ergebnis der Zwangsversteigerung in Kenntnis gesetzt werden und zudem die Möglichkeit erhalten, sich Rechtsschutz einzuholen.

    In einem Urteil jüngeren Datums, über den der Argetra Verlag in seinem März 2012 Newsletter berichtet, wurde ebenfalls der vom Versteigerungsgericht erteilte Zuschlag vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Hier betrug das am zweiten Versteigerungstermin abgegebene Meistgebot in Höhe von 300.000 Euro gerade einmal 6 Prozent des amtlich festgelegten Verkehrswertes (5 Mio. Euro). Am ersten Versteigerungstermin hatte ein Beteiligter meistbietend 730.000 Euro, sprich 15 Prozent des Immobilienwertes, geboten, dem allerdings gemäß ZVG § 85a der Zuschlag verweigert wurde.

    Gegen die Zuschlagserteilung am zweiten Versteigerungstermin legte der Schuldner Beschwerde ein, der das zuständige Landesgericht – wie später auch der Bundesgerichtshof – stattgab. Grund hierfür: Das am ersten Versteigerungstermin abgegebene Höchstgebot wurde rückwirkend als ungültig erklärt, da der Bieter im Auftrag eines Gläubigers und nicht im Eigeninteresse gehandelt habe: „Beauftragt ein Gläubiger einen Bieter ein Gebot abzugeben, dass ausschließlich darauf gerichtet ist, zu Gunsten des Gläubigers und zu Lasten des Schuldners die Wertgrenze des § 85a ZVG zum Fall zu bringen, so ist dieses Gebot unwirksam.“